21. Februar 2008

Vollmond

Heute ist Vollmond, und in den letzten Tagen gab es ausgesprochenes Niedrigwasser in Venedig. Die minimalen Wasserstände lagen bei ca. -70 cm, die maximalen so um die +40 cm. Ist denn Vollmond nicht quasi die Voraussetzung für acqua alta?

Unverhofft kommt schon mal in Venedig.
Ich habe, als man sich in San Marco noch frei bewegen durfte, in einem Oktober die Basilika mit Kind ausführlich besucht, inklusive Schatzkammer, konstantinoupolischen Pferden und allem was dazu gehört. Vorher war die Piazza feucht und als wir wieder raus kamen, stand sie unter Wasser und die Stege waren überall aufgebaut.
Ein anderes Mal stand ich im September auf der Piazza, neben einem der "Gullys" mit den vier Löchern, als ohne Vorwarnung das Wasser zu sprudeln begann. Ruckzuck standen die tiefer liegenden Seiten der Piazza unter Wasser, die Leute mussten sich auf die höher liegende Mitte retten, um nasse Füsse zu vermeiden. Acqua alta.

Andererseits fuhr ich mal im Dezember mit der Linie 1 Richtung Bahnhof, gegen 18 Uhr, es war schon dunkel. Als das Boot bei der Salute anhielt, sah ich links eine große dunkle Wand und ganz hoch oben die Treppen der Salute und dachte, ich träume: Niedrigwasser! Das Wasser war so niedrig, dass bei der Ca' d'Oro der Verkehr eingestellt wurde und die Passagiere den extrem steil stehenden Anleger förmlich hochkrabbeln mussten, weil die Haltestelle so extrem weit unten im Niedrigwasser lag.

Zu diesem Thema erhielt ich gestern ein Mail:


Hallo Brigitte,

eben habe ich aktuelle Bilder aus Venedig gesehen, die einen Artikel über den niedrigsten Wasserstand dieser Woche begleitet haben. Da habe ich mich daran erinnert, daß du eine Bemerkung zu unterschiedlichen Wasserständen auf San Marco gemacht hast und habe mir gedacht, ich schreibe was zu den Wasserständen.

Vielleicht weißt Du das ja längst, aber: Die Wasserstände schwanken nicht nur entsprechend den Mondphasen sondern auch entsprechend der Jahreszeiten. Im Oktober/November ist der Wasserstand insgesamt sehr hoch, endsprechend oft gibt es dann acqua alta. Im Januar und Februar ist der Wasserstand insgesamt sehr niedrig. Sinkt er unter -50 Zentimeter sitzen schon viele Boote auf dem trockenen.

Es riecht dann schon mal etwas unangenehm. Und die Touristen können dann für ihre 120 Euro in den Gondeln besser sehen, was so alles aus den Abwasserrohren kommt.

Abgesehen von den Nachteilen ist es natürlich total interessant. Man kann in einigen Kanälen was entdecken, auch den Bewuchs (Pflanzen und Tiere). Viel interessanter ist aber der räumliche Eindruck, den die Stadt dann macht. Die gleichen Gassen, Kanäle und Brücken sehen dann ganz anders aus als bei hohem Wasserstand.

Ich würde gerne mal Fotos machen von den gleichen Kanälen mit unterschiedlichen Wasserständen und mit richtigem acqua alta.

liebe Grüße, Andreas Götz

http://nuovavenezia.repubblica.it/multimedia/home/1740694/1/9


Man mag es vielleicht für übertrieben halten, aber ich finde es pfiffig, sich vor einer Reise nach Venedig über die Wasserstände zu informieren. z. B. auf der Comune-Website, rechts, unter 'Previsione maree' auf der man auch zusätzlich einiges über die Wasserstandsvoraussagen auch ohne Italienischkenntnisse erfährt.


Andreas Götz hat in einem Kommentar (s. u.) einen weiteren Link angehängt, den man im Kommentarfenster nicht gut öffnen kann, deshalb hier zusätzlich:
http://www.comune.venezia.it/flex/cm/pages/ServeBLOB.php/L/IT/IDPagina/1753



2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ja, du hast Recht, acqua alta, also Hochwasser, gibt es nur bei Vollmond. Und zwar deshalb, weil der Tidenhub bei Voll- und Neumond am stärksten ist. Also gibt es bei Vollmond nicht nur die höchsten, sondern auch die niedrigsten Wasserstände. Bei Halbmond ändert sich der Wasserstand nur wenig.
Wenn bei Vollmond der Wind vom Meer zum Land weht gibt es im Zenit der Tide acqua alta und das Wasser läuft einem in die Schuhe (meist November). Weht der Wind vom Land zum Meer sitzen die Gondeln am Tiefpnkt der Tide "auf dem Trockenen" (meist Januar/Februar).
Da das Wasser etwa alle sechs Stunden steigt oder fällt, sind sowohl acqua alta als auch leere Kanäle oft schon nach einer halben Stunde vorüber.

Anonym hat gesagt…

Auf der website der Stadt Venedig gibt es eine Reihe von Informationen zu den Gezeiten in Venedig. Ist zwar alles auf Italienisch, aber die Tabellen und Grafiken sind auch so verständlich. Unter anderem gibt es eine Übersicht über die Steigerung des gemessenen Wasserstandes (insgesamt ca 25 Zentimeter in den letzten ca 100 Jahren, davon ca 14 Zentimeter Bodenabsenkung und 11 Zentimeter Erhöhung des Meeresspiegels).
Außerdem gibt es als PDF den Gezeitenkalender für 2008. Angegeben ist natürlich nur der Wert, der durch Sonne und Mond verursacht wird. Hinzu kommt der meteorologische Einfluß (Wind).


http://www.comune.venezia.it/flex/cm/pages/ServeBLOB.php/L/IT/IDPagina/1753