23. April 2008

Gedicht

Venedig (1922)















Im Norden
Frieren die Götter.
Hier
Strahlt jeder Gauner: ein heisser Gott.


Seines Tempels Stufen
Steigen aus dem Canale grande.
Er opfert

Sein südliches Herz sich selbst.


Die Sbirren schleichen

Zur Dämmerung.
Am Himmel segelt

Eine Gondel.


Die Adria
Brandet an meine Brust.

Der Markusplatz
Tönt wie eine Harfe.


An vergitterten Fenstern,
An freigelassenen Menschen vorbei:

Auf einer weissen Piazza

Entfaltet sich wie eine rote Mantille dein Lächeln.


Ists Tag? So ist die Sonne,

Ists Nacht? So ist der Mond

Am Herzen

Aufgegangen.



Klabund 1890 - 1928

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